Beschluss des Verwaltungsgerichtes – Zurückgewiesener Antrag auf einstweilige Verfügung

Hier finden Sie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 06.12.2006. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, die Wahlen zur Gemeindevertretung am 10.12.2006 zu stoppen, wurde zurückgewiesen.


Verwaltungsgericht Köln

Beschluss

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

1. des Herrn Genadi M.,
2. des Herrn Аnаtоli Кrеуmаn,

Antragsteller,

gegen

die Synagogen-Gemeinde Köln, vertreten durch den Vorstand, Ronald G., Abraham Lehrer, Dr. Michael Rado, Roonstraße 50, 50674 Köln,

Antragsgegner,

wegen Recht der Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie der Ordensgesellschaften

hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln am 06.12.2006

durch

den Vorsitzenden Richter N.N. am Verwaltungsgericht
die Vorsitzende Richterin N.N. am Verwaltungsgericht und
die Richterin N.N. am Verwaltungsgericht

beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt. (

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragsteller,

der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die für den 10.12.2006 vorgesehene Wahl für die Gemeindevertretung durchzuführen und die Antragsgegnerin unter Absetzung der Wahlkommission zu verpflichten, eine neue Wahlkommission zu wählen,

hat keinen Erfolg.

Er ist unzulässig.

Für das Antragsbegehren ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht gegeben.

Gern. Art.19 Abs.4 Satz 1 Grundgesetz steht demjenigen, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Vorgehen des Vorstandes der Antragsgegnerin und der Wahlkommission im Zusammenhang mit der Wahl zur Gemeindevertretung der Antragsgegnerin ist keine Maßnahme öffentlicher Gewalt.

Dies folgt aus dem den Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV zustehenden Recht, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes selbständig zu ordnen und zu verwalten sowie ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde zu verleihen. Das Recht der Religionsgemeinschaften zur selbständigen Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten umfasst auch die Freiheit der staatlichen Gerichtsbarkeit

– vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 05.07.1983 -2 BA 514/83 -, NJW 1983, 2569; Bundesverwaltungsgericht – BVerwG -, Beschluss vom 20.11.1992 – 7 B 48/92 -, NVwZ 1993, 672 m.w.N

Der Staat erkennt die Religionsgemeinschaften als Institutionen an. die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten. Diese Eigenständigkeit wird für die Antragsgegnerin nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist. Angesichts der religiösen Neutralität des Staates bedeutet diese Kennzeichnung der Rechtsstellung einer Religionsgemeinschaft keine Gleichstellung mit in den Staat eingegliederten Verbänden, sondern lediglich die Zuerkennung eines öffentlichen Status, der sie keiner besonderen Staatsaufsicht unterwirft

– vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.02.1965 – 1 BvR 732/64 -, BVerfGE 18, 385: BVerwG, Urteil vom 27.10.1966 – 2 C 98.64 -, BVerwGE 25, 226: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NRW -. Urteil vom 23.08.1977 – 8 A 1813/75 NJW 1978,905.

Nur soweit die Religionsgemeinschaften vom Staat verliehene Befugnisse ausüben oder soweit ihre Maßnahmen unter Überschreitung des innerkirchlichen Bereichs in den staatlichen Bereich hineinreichen, betätigen Religionsgemeinschaften mittelbar auch staatliche Gewalt

– vgl. BVerfG; BVerwG; OVG NRW jeweils a.a.O.

Gemessen an diesen Grundsätzen wenden die Antragsteller sich gegen innere Maßnahmen einer Religionsgemeinschaft. die nicht in Ausübung staatlicher Gewalt ergehen. Bereits aus dem Wortlaut des Art. 137 Abs. 3 WRV folgt, dass sich der verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomiebereich der Religionsgemeinschaften über unmittelbare Glaubens- und Kultusfragen hinaus auch auf deren innere Organisation sowie der Organisation ihrer Ämter und der Festlegung des zugehörigen Amtsrechts erstreckt

– vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.07.1983 – 2 BvR 514/83 NJW 1983. 2569.

Zu den inneren Angelegenheiten, die einer Rechtskontrolle durch staatliche Gerichte entzogen sind, zählt insbesondere auch die Wahl des Kirchenvorstandes bzw. der Gemeindevertretung einer Religionsgemeinschaft, die sich weder auf staatlich verliehene Befugnisse gründet, noch in den staatlichen Bereich hineinreicht

– vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.08.1977 – 8 A 1813/75 NJW 1978, 921 unter Auseinandersetzung mit der abweichenden Auffassung des VG Aachen zu einer gesetzlich geregelten Wahl zum Kirchenvorstand einer katholischen Gemeinde, Urteil vom 18.01.1972 – 2 K 160/71 -, NJW 1972, 787; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 02.11.1992 – 4 L 3076/92 -; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 27.07.1998 – 1 K 2037/98 -, NVwZ 1999, 796.

Soweit die Antragsteller sich darauf berufen, dass bei der Vorbereitung der Wahl der Gemeindevertretung staatliche Gesetze verletzt worden seien, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die von der Verfassung anerkannte Eigenständigkeit der Religionsgemeinschaften schließt es grundsätzlich aus, dass der Staat durch seine Gerichte innere Maßnahmen der Religionsgemeinschaft. die im staatlichen Zuständigkeitsbereich keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfalten, auf ihre Vereinbarkeit mit staatlichen Gesetzen prüft

– BVerfG, Beschluss vom 21.09.1976 – 2 BA 350/75 -, DVBI 1976, 901; BVerwG, Urteil vom 27.10.1966 — 2 C 98.64 -, BVenvGE 25. 226; OVG NRW a.a.O

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs.3 Nr.2, 52 Abs.1 Gerichtskostengesetz. wobei die Kammer wegen des vorläufigen Charakters des Verfahrens die Hälfte des Auffangstreitwertes zugrundegelegt hat.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln Beschwerde eingelegt werden.

Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen — ERVVO VG/FG — vom 23. November 2005 (GV. NRW. S. 926) bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster eingeht.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist. sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.

Die Beschwerde kann nur durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt eingelegt und begründet werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören. vertreten lassen.

Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beschwerdeschrift sollte dreifach eingereicht werden.

Vorsitzender Richter am

Verwaltungsgericht

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